Mira Schienagel: Fallbasierte Mikroanalyse zum Interaktionsverhalten der GenZ auf Instagram
Der Forschungsstand zu Sichtweisen Jugendlicher zu Social-Media als Kommunikationsplattformen zeigt aus medienpädagogischer und fachdidaktischer Perspektive Leerstellen in der qualitativen Bildungsforschung. Bisher wurde dieses Thema vorrangig aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive behandelt. Insbesondere Instagram gilt als „untererforscht“ hinsichtlich seiner Rolle in der medialen Konstruktion von Wirklichkeit (Peters, Nehls & Thimm 2023).
Forschungsfrage: Ziel ist es, mikrobasierte Einblicke in die medialen und sozialen Aushandlungsprozesse Jugendlicher auf Instagram zu gewinnen. Die Ergebnisse sollen bildungsrelevante Impulse für eine fächerübergreifende Medienkompetenzförderung liefern und konkrete Anknüpfungspunkte für den Deutschunterricht entwickeln. Dabei sollen folgende Fragen beantwortet werden:
- Welche Rolle spielen spezifische Interface-Elemente (z.B. Like-Button, Kommentarbereich) bei der Bewertung von Instagram-Inhalten durch Nutzer:innen?
- Welche Content-Arten auf Instagram rezipieren junge Menschen bevorzugt und wie beschreiben sie ihre Erfahrungen im Umgang damit?
- Wie beschreiben Heranwachsende den Einfluss von Instagram auf ihre sozialen Beziehungen und ihre Wahrnehmung gesellschaftlicher Realität(en)?
Methodisches Vorgehen: Methodisch folgt die Studie einer digitalen ethnografischen Feldforschung auf der Social-Media-Plattform Instagram — „multisited“ — „bestehend aus Akteur:innen, Technologien, Räumen und Praktiken“ (Bareither & Schramm 2023, S.79), deren Zugang mithilfe einer qualitativen Medienanalyse von audiovisuell geteilten Inhalten erfolgt und in semistrukturierten Interviews (Helfferich 2011) gemeinsam reflektiert werden. Über einen Zeitraum von zwölf Monaten (Feb/Juli 24 – Feb/Juli 25) treffe ich fünf Jugendliche (15-20 Jahre) in regelmäßigen Abständen (alle zwei bis vier Wochen) sowohl digital per Videocall als auch – optional – vor Ort. Die Teilnehmenden teilen dabei freiwillig selbst gewählte Inhalte und Erfahrungen aus ihrem privat genutzten Instagram-Kanal. In einem iterativen Vorgehen werden diese gesammelten medialen Praktiken und audiovisuellen Gesprächsdaten, Feldnotizen und Memos in Anlehnung an die Grounded-Theory-Methodologie (Strauss & Corbin 1990) analysiert und ausgewertet. Kombiniert mit sozialwissenschaftlicher Bildhermeneutik (Hoggenmüller 2025) und systematischer Metaphernanalyse (Schmitt et al. 2018) werden so tiefere Einblicke in alltägliche Aushandlungsprozesse von Jugendlichen eröffnet, wie sie die Plattform selbst verstehen, erleben und einordnen.
Literatur
• Bareither, Christoph & Schramm, Pia (2023). Social-Media-Ethnografie. Kulturanthropologie Notizen, 85, 78-95, https://doi.org/10.21248/ka-notizen.85.23.
• Helfferich, Cornelia (2011). Die Qualität qualitativer Daten: Manual für die Durchführung qualitativer Interviews. Wiesbaden: VS Verlag.
• Hoggenmüller, Sebastian (2025). Mit den Händen denken: Ästhetisch-praktische Verfahren in der (sozial)wissenschaftlichen Bildanalyse. In Rosenkranz, Marie & Zahner, Nina Tessa (Hg.), Plurale Verschränkungen: Zur Entdifferenzierung von Kunst, Politik, Wissenschaft und Wirtschaft, 143-168.
• Peters, Yannik; Nehls, Patrick & Thimm, Caja (2023). Plattformforschung mit Instagram-Daten – Eine Übersicht über analytische Zugänge, digitale Erhebungsverfahren und forschungsethische Perspektiven in Zeiten der APIcalypse. Publizistik 68, 225-239.
• Schmitt, Rudolf; Schröder, Julia & Pfaller, Larissa (2018). Systematische Metaphernanalyse. Eine Einführung. Wiesbaden: Springer VS.
• Strauss, Anselm L. & Corbin, Juliet (1990). Basics of qualitative research: Grounded theory procedures and techniques. London: Sage.